Temporäre Beschäftigung aus Nicht-EU-Ländern – ein Modell für die Luftfahrtindustrie in Deutschland?

Personalengpässe in den Jahren 2022 und 2023 führten zu Problemen in operativen Bereichen der Luftfahrtindustrie. Verfügbarkeit und langwierige Prozesse (Arbeitsgenehmigungen, Zuverlässigkeitsüberprüfungen, Sprachanforderungen, Anerkennung des Führerscheins usw.) sowie die Wohnsituation erschweren die Rekrutierung in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und vielen anderen Ländern.

In Deutschland, in dem wir als Aviation.WORKS aktiv sind, hat die Regierung ein sogenanntes Fachkräfteeinwanderungsgesetz überarbeitet und verabschiedet. Es ermöglicht insbesondere eine kurzfristige Kontingentbeschäftigung aus Ländern außerhalb der EU.

Könnte dies dazu beitragen, die Probleme in den folgenden Jahren zu lindern? Die neue Initiative ist interessant, stellt aber auch eine Herausforderung für die Luftfahrtindustrie und alle Beteiligten dar.

Worum geht es im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Mit dieser Neuregelung wurden mehrere Änderungen eingeführt, die den Weg für ausländische Fachkräfte nach Deutschland weiter öffnen. Dies gilt für die bisherige Gehaltsgrenze, die der Regelung der Blauen Karte EU zugrunde lag. Auch die Liste der „Mangelberufe“ wird erweitert. Durch die Neuregelung wird es Fachkräften ohne Hochschulabschluss ermöglicht, nach Deutschland zu kommen, wenn sie bestimmte Qualifikationen nachweisen können. Aber konzentrieren wir uns auf die Teile, die für die Luftfahrtindustrie von Interesse sind, und insbesondere auf den Mangel an Bodenabfertigungspersonal in Deutschland, den wir in den letzten zweieinhalb Jahren gesehen haben

Westbalkan Regelung

Im Rahmen der Westbalkan-Regelung können Menschen aus den 6 Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, der Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien auch ohne Qualifikationsnachweis in Deutschland arbeiten.

Die Regelung ist nun dauerhaft (am 18. November 2023) und die Quote wird von 25.000 auf 50.000 Personen/Jahr verdoppelt (tritt am 1. Juni 2024 in Kraft).

Kurzfristige Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen

Durch die Änderungen der Regelungen wird eine neue Möglichkeit zur kurzfristigen Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen unabhängig von ihrer Qualifikation eingeführt. Sobald die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine bedarfsgerechte Quote festlegt – dies ist auch differenziert für bestimmte Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen möglich – können interessierte Arbeitgeber eine Arbeitserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis für Arbeitnehmer aus dem Ausland beantragen.

Arbeitsbedingungen:

1) Der Arbeitgeber ist an Tarifverträge gebunden und die Arbeitnehmer werden gemäß den geltenden kollektiven Arbeitsbedingungen beschäftigt.

2) Der Arbeitgeber verpflichtet sich, die notwendigen Reisekosten vollständig zu übernehmen

3) die geplante Beschäftigung innerhalb von 12 Monaten acht Monate nicht überschreitet und

4) Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt mindestens 30 Stunden.

Umsetzung der Initiative

Das im Gesetz definierte Verfahren klingt gar nicht so einfach: Die BA muss zunächst eine Quote festlegen, was sie derzeit auch tut. Auf der Grundlage der Quote können Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit eine Arbeitserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis für die gewünschten Fachkräfte beantragen. Hierzu müssen Arbeitgeber Dokumente wie den Arbeitsvertrag, einen Qualifikationsnachweis und eine Bestätigung der Quotenvergabestelle im Herkunftsland vorlegen. Die Agentur für Arbeit prüft dann, ob die Voraussetzungen für eine Beschäftigung vorliegen und erteilt ggf. die Zustimmung.

Überblick über einen möglichen Rekrutierungsprozess

Ein effizienter Rekrutierungsprozess könnte wie folgt aussehen:

– Rekrutierung im Ausland (Werbung, Kommunikation, Qualifikationsprüfung)

– Organisation der benötigten Dokumente zum ausländischen Aufenthaltstitel und zur Sicherheitsüberprüfung („Zuverlässigkeitsüberprüfung“)

– Vertragsabwicklung in Deutschland, Genehmigung durch die örtliche BA

– Bewerber aus dem Ausland müssen eine Aufenthaltserlaubnis bei der deutschen Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) in ihrem Heimatland beantragen

– Wohnraum organisieren

– Optionale Vorqualifikation (Sicherheit, DGR, Sprache….)

– Transfer und Onboarding einschließlich zusätzlicher Themen wie Gesundheitsfürsorge, Steuernummer usw.

Welche Chancen bietet das neue Gesetz für die Luftfahrtbranche in Deutschland?

A. Bewältigen der Saisonalität des Flugbetriebes

Holen Sie sich Saisonpersonal an Bord, das Jahr für Jahr verfügbar sein könnte. Dies bezieht sich auf die Art von Kandidaten, die ihre Familie für 6–8 Monate verlassen, um das Geld zum Leben zu haben

B. Die demografische Lücke schließen

Heutzutage haben wir es mit mehr oder weniger zwei Gruppen von Menschen zu tun, die für eine Berufstätigkeit in der Luftfahrtindustrie nach Deutschland kommen:

Diejenigen, die ihre Familie für eine Weile verlassen wollen/müssen, um das Geld zum Leben zu verdienen, das sie in ihren Heimatländern nicht bekommen können. Sie bevorzugen oft einen vorübergehenden Aufenthalt von 6 bis 9 Monaten und verdienen etwas Geld für den Lebensunterhalt der Familie. Diese Personengruppe könnte daran interessiert sein, diese Beschäftigungsform auch in den nächsten Jahren fortzusetzen.

Und zweitens vor allem junge Menschen, die ihre Karriere in Deutschland starten wollen, da sie in ihrer Heimat keine adäquaten Arbeitsplätze finden. Wenn man das demografische Problem mildern will, ist es von großem Wert, dass insbesondere junge (gebildete) Menschen nach Deutschland kommen, um in den Beruf einzusteigen. Als langfristige Perspektive sollte das Ziel in Betracht gezogen werden, sie a im Land zu halten, insbesondere dann, wenn die Deutschkenntnisse verbessert sind.

Welche Herausforderungen bringt das neue Gesetz für die Luftfahrtbranche in Deutschland mit sich?

Bei der Umsetzung der neuen Möglichkeiten gibt es einige Herausforderungen. Zunächst muss erwähnt werden, dass eine realistische Betrachtung der Kosten für 8 Monate produktive Arbeitszeit um 25–35 % höher ausfallen könnte als für lokale Mitarbeiter. Dies ist vor allem auf die Wohn- und Transferkosten zurückzuführen.

Neben der Orchestrierung des gesamten Rekrutierungsprozesses, die eine Herausforderung im Stakeholder-Management darstellt, gibt es zwei große Herausforderungen.

Sprachkenntnisse

In den meisten Bodenabfertigungsberufen sind nach wie vor mittlere Deutschkenntnisse erforderlich. Dies wird von den Behörden als Teil der Sicherheitsmaßnahmen festgelegt. Es wird sehr schwierig sein, in Drittländern deutschsprachige Arbeitskräfte auf B1-Niveau zu finden.

Wohnung

Die Suche nach adäquaten Wohnraumlösungen ist bereits eine große Herausforderung, da in deutschen Städten wie Berlin, Frankfurt und München – wo sich die Flughäfen befinden – bereits ein Mangel herrscht. Es wird notwendig sein, dass der Arbeitgeber einen bestimmten Betrag der Wohnkosten übernimmt, da ein Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, mehr als 500-600 € pro Monat zu zahlen. Wir rechnen mit Wohnkosten von 1000-1200 € pro Monat und Arbeitnehmer.

Fazit

Das Thema wurde auf einem Panel bei BARIG, dem Board of Airlines Representatives in Deutschland, diskutiert. Wir würden uns freuen, wenn die Beteiligten zusammenarbeiten und eine gute Lösung finden, um den Personalmangel für die nächsten Jahre zu beseitigen, lassen Sie uns diese umsetzen